Weinenden Hohenzollern, Die

Text: Kurt Tucholsky; Musik: Hanns Eisler

(1922)

Sie sitzen in den Niederlanden
und gucken in die blaue Luft.
Der Alte mit den hohen Granden,
der Junge in der Tenniskluft.
Wer fuhr denn „Knall und Fall“ nach Holland,
woraus man heut sich traurig sehnt?
Sie klagen, ihre Welt sei Moll-Land …
Vater hat jeweent, Willy hat jeweent.
Alle ham se jeweent.

Das geht nun seit vier langen Jahren.
Es trieft das Schmalz. Die Zähre rinnt:
„Der biedre Greis in Silberhaaren –
das arme, so verfolgte Kind …“
Und selbst im Kino blüht die Lilie.
Das Fridericus-Auge tränt …
Das liegt nun mal in der Familie …
Vater hat jeweent, Willy hat jeweent.
Alle ham se jeweent.

Sie schreiben Fibeln für die Kleinen –
drin steht: „Ich hab es nicht gewollt!“
Die Krone fiel. Wer wird denn weinen!
Das ganze Geld kam nachgerollt.
Der Michel zahlt und trägt die Lasten.
Doch wird die Schuld am Krieg erwähnt –
drehn die an ihrem Leierkasten:
Vater hat jeweent, Willy hat jeweent.
Alle ham se jeweent!

 

Text: Kurt Tucholsky
Musik: Hanns Eisler

Zitiert nach Ernst Busch: Kurt Tucholsky / Hanns Eisler – Siegfried Matthus. Rote Reihe 5 auf Aurora 5 80 043. Hrsg. 1972.