Über das Seefahren

Text: Walter Mehring / Musik: Hanns Eisler

(aus dem Granowski-Tonfilm „Das Lied vom Leben“)

 

Die Hochsee ist ein wildes Weib.
Kriegt sie ein Schiff zum Zeitvertreib
Läßt sie ihm keine Ruh!
Kapitän und Heizer und Matros
Die nimmt sie alle in den Schoß
Und läßt sie nicht mehr los.

Denn mit der See, mein Kind, ist nichts zu machen
Sie schmeißt dich mitten in das Leben rein.
Wer sich am Lande aufbläht, hat nichts zu lachen
Beim ersten Windstoß geht die Würde krachen.
Er schrumpft wie Wäsche ein und wird soo klein.

Drum nimm dir einen Ozean
Als Bruderherz und Saufkumpan
Der zahlt die Zeche glatt.
Füll mir das Meer mit Whisky auf
Und wenn im Whisky ich versauf
Nehm ich den Tod in Kauf.

Denn so, wie von der Mutter wir geboren
So falln dem Meer wir in den Schoß hinein
Der Sturm peitscht uns die Lehre in die Ohren:
Nur wer nichts hat, der gibt sich nicht verloren
Schrumpft nur die Wäsche ein und wird soo klein.
Er schrumpft wie Wäsche ein und wird soo klein.

 

Text: Walter Mehring
Musik: Hanns Eisler

Zitiert nach Ernst Busch: Walter Mehring, Das Lied vom Leben. Rote Reihe 9 auf Aurora-Schallplatten (Au 5 80 048), hrsg. 1974.