Revoluzzer, Der

Text: Erich Mühsam; Musik: Bela Reinitz

War einmal ein Revoluzzer, im Zivilstand Lampenputzer,
ging im Revoluzzerschritt mit den Revoluzzern mit.

Und er schrie: „Ich revolüzze!“ Und die Revoluzzermütze
schob er auf das linke Ohr, kam sich höchst gefährlich vor.

Doch die Revoluzzer schritten mitten in der Straßen Mitten,
wo er sonsten unverdrutzt alle Gaslaternen putzt.

Sie vom Boden zu entfernen, rupfte man die Gaslaternen
aus dem Straßenpflaster aus, zwecks des Barrikadenbaus.

Aber unser Revoluzzer schrie: „Ich bin der Lampenputzer
diese guten Leuchtelichts. Bitte, bitte, tut ihm nichts!

Wenn wir ihnen’s Licht ausdrehen, kann kein Bürger nichts mehr sehen.
Laßt die Lampen stehn, ich bitt! – Denn sonst spiel ich nicht mehr mit!“

Doch die Revoluzzer lachten, und die Gaslaternen krachten,
und der Lampenputzer schlich fort und weinte bitterlich.

Dann ist er zu Haus geblieben und hat dort ein Buch geschrieben:
nämlich, wie man revoluzzt und dabei doch Lampen putzt.

 

Text: Erich Mühsam
Musik: Bela Reinitz

Zitiert nach Ernst Busch: Zeit-, Leid-, Streitgedichte. Erich Mühsam / Klabund. Aurora 5 80 016/017. Hrsg. 1966, Nachaufl. 1969 u. 1974.  „Der Revoluzzer“ von Erich Mühsam stammt aus dem Jahr 1907. Der Dichter widmete das Spottgedicht „der deutschen Sozialdemokratie“. Bevor Ernst Busch dieses Lied in der Vertonung von Béla Reinitz 1929 in sein Repertoire aufnahm, hatte es bereits die Münchener Kabarettgruppe „Elf Scharfrichter“ im Programm gehabt, allerdings in der Vertonung von Marc Henry.