Deutsche Weihnacht ("So steh ich nun")
Text: Kurt Tucholsky / Ernst Busch; Musik: Hanns Eisler
So steh ich nun vor deutschen Trümmern
und sing mir still mein Weihnachtslied.
Heut wär so ’n Tag, sich drum zu kümmern,
was weit in aller Welt geschieht.
Damit nicht wieder nicht Mütter klagen.
Ich summe leis, ich merk es kaum,
das Lied aus meinen Jugendtagen:
O Tannebaum!
Wenn ich so der Knecht Ruprecht wäre
und käm in dies Brimborium
– ich wüsste schon ’ne gute Lehre –
für mein treu-teutsches Publikum.
Denn auch Geduld geht mal zur Neige.
Die Adenauers schlagen Schaum.
Die hing ich gern in deine Zweige,
O Tannebaum!
Ich starre in die Knisterkerzen:
Wer ist an all dem Jammer schuld?
Wer warf uns so in Blut und Schmerzen?
und lud auf uns die größte Schuld?
Noch leben die Kanonenbrüder.
Ich träume meinen alten Traum:
Schlag, Volk, den Rassendünkel nieder!
Glaub diesen Burschen niemals wieder!
Dann sing du frei die Weihnachtslieder:
O Tannebaum! O Tannebaum!
Wie treu sind deine Blätter.
Text: Kurt Tucholsky (1919), bearbeitet von Ernst Busch (1952)
Musik: Hanns Eisler
Zitiert nach Ernst Busch: So steh ich nun (Eterna 12012). Die Schellackplatte erschien nach Einwänden der Staatlichen Kunstkommission (Stakuko) in der DDR („Proletkult“ lautete der Vorwurf, der Text verletze „die religiösen Gefühle vieler unserer Menschen“) 1952 nicht unter dem ursprünglich vorgesehenen Titel „Deutsche Weihnacht“, sondern unter dem Titel „So steh ich nun“. Später (1959 und 1964) nahm Busch das Lied erneut (und ohne provokante Textänderungen) auf: So steh ich nun…