Palästinafahrt (Im heiligen Land)
Text: Frank Wedekind; Musik: Frank Wedekind
Der König David steigt aus seinem Grabe,
Greift nach der Harfe, schlägt die Augen ein
Und preist den Herrn, daß er die Ehre habe, (EB: „Und dankt dem Herrn …“)
Dem Herrn der Völker einen Psalm zu weihn.
Wie einst zu Abisags von Sunem Tagen
Hört wieder man ihn wild die Saiten schlagen, (EB: „Hört man ihn wiederum die Harfe …“)
Indes sein hehres Preis- und Siegeslied
Wie Sturmesbrausen nach dem Meere zieht. (EB ergänzt: „Tatü-tata! Tatü-tata!“)
Willkommen, Fürst, in meines Landes Grenzen. (EB: „… in Palästinas Grenzen“)
Willkommen mit dem holden Eh’gemahl.
Mit Geistlichkeit, Lakaien, Excellenzen,
Und Polizeibeamten ohne Zahl.
Es freuen rings sich die histor’schen Orte
Seit vielen Wochen schon auf deine Worte,
Und es vergrößert ihre Sehnsuchtspein
Der heiße Wunsch, photographiert zu sein. (EB ergänzt: „Tatü-tata! Tatü-tata!“)
Ist denn nicht deine Herrschaft auch so weise, (EB: „Ist deine Herrschaft denn nicht auch …“)
Daß du dein Land getrost verlassen kannst?
Nicht jeder Herrscher wagt sich auf die Reise
Ins alte Kanaan. Du aber fandst,
Du seist zu Hause momentan entbehrlich;
Der Augenblick ist völlig ungefährlich; (EB: „Und darin täuscht sich deine Weisheit schwerlich“)
Und wer sein Land so klug wie du regiert,
Weiß immer schon im voraus, was passiert. (EB ergänzt: „Tatü-tata! Tatü-tata!“)
Es wird die rote Internationale,
Die einst so wild und ungebärdig war, (EB: „… so frech und …)
Versöhnen sich beim sanften Liebesmahle (EB: „Verbrüdern sich …“)
Mit der Agrarier sanftgemuten Schar.
Frankreich wird seinen Dreyfus froh empfangen, (EB: „heißt seinen … stolz willkommen“)
Als wär auch er zum heilgen Land gegangen. (EB: “ … geschwommen“)
In Peking wird kein Kaiser mehr vermißt, (EB: „Und gern verschiebt aus Rücksicht auf den Staat“)
Und Ruhe hält sogar der Anarchist. (EB: „Der Anarchist sein nächstes Attentat. Tatü-tata! Tatü-tata!“)
So sei uns denn noch einmal hochwillkommen (EB: „Drum sei uns …“)
Und laß dir unsre tiefste Ehrfurcht weihn,
Der du die Schmach vom heilgen Land genommen,
Von dir bisher noch nicht besucht zu sein.
Mit Stolz erfüllst du Millionen Christen;
Wie wird von nun an Golgatha sich brüsten,
Das einst vernahm das letzte Wort vom Kreuz
Und heute nun das erste deinerseits. (EB ergänzt: „Tatü-tata! Tatü-tata!“)
Der Menschheit Durst nach Taten läßt sich stillen,
Doch nach Bewundrung ist ihr Durst enorm.
Der du ihr beide Durste zu erfüllen (EB: „… ihr beide Wünsche …“)
Vermagst, seis in der Tropen-Uniform,
Sei es in Seemannstracht, im Purpurkleide,
Im Rokoko-Kostüm aus starrer Seide,
Sei es im Jagdrock oder Sportgewand,
Willkommen, teurer Fürst, im heilgen Land!
Text: Frank Wedekind
Musik: Frank Wedekind
Zitiert nach Ernst Busch: Frank Wedekind – Spottlieder (Aurora 5 80 006/007). Hrsg. 1964, Nachaufl. 1969.