Marburger Studentenlied

Text: Kurt Tucholsky; Musik: Hanns Eisler

(1920)

Stimmt an mit hellem, hohem Klang,
stimmt an das Lied der Lieder!
Des Vaterlandes Hochgesang,
das Waldtal hallt ihn wi-hi-der!

Der alten Barden Kriegsgericht,
dem Kriegsgericht der Treue –
wir wissen, du verknackst uns nicht –
dir weihn wir uns aufs neue!

Wir fingen fuffzehn von dem Pack,
das unser Preußen schädigt.
Es war ein schöner Märzentag.
Wir haben sie erledigt.

Sie sind von uns erschossen worn.
Doch ganz in Recht und Züchten.
Zwar sitzen ihre Wunden vorn …
Man kann auch rückwärts flüchten.

Wir wissen jeden krummen Weg.
Uns kann man nicht erweichen.
Der Mediziner im Kolleg
braucht Leichen, Leichen, Leichen!

Uns tut kein deutscher Richter nichts
und auch kein Staatsanwalte.
Die Schranken unsres Kriegsgerichts
der liebe Gott erhalte!

Zur Ahnentugend wir uns weihn,
zum Schutze deiner Hütten!
Wir lieben deutsches Fröhlichsein,
und echte deutsche Sitten!

Ad exercitium executionis parati estistne?
S u m u s ! *

Das werden deine Richter und Beamte!
Das darf dich einmal richten und verwalten,
Und hältst du wieder still und läßt sie schalten:
Sie lachen. Töten. Werden was.
Und alles bleibt beim alten.

 

* Seid ihr zur Ausführung der Exekution bereit? Wir sind es!

 

Text: Kurt Tucholsky
Musik: Hanns Eisler

Zitiert nach Ernst Busch: Kurt Tucholsky / Hanns Eisler – Siegfried Matthus. Rote Reihe 5 auf Aurora 5 80 043. Hrsg. 1972.