Deutsches Lied

Text: Kurt Tucholsky; Musik: Hanns Eisler

Blasse Kinder auf dem Hof
(Nebenstraße – Westen)
machen einen kleinen Schwof
neben Müllschuttkästen.
Käse-Teint und bleicher Schopf.
Karges Grün im Blumentopf  (Original: Dürftiges Grün im Blumentopf)
auf zwei Fensterbrettern.
Und die Stimmchen klettern:
„Kaserne! Kaserne!
Sonne, Mond und Sterne!
Achtung! Richtung! Vordermann!
Du – bist – dran – !“

Tief geduckt im Ziegelbau
hinter festen Laden  (Original: hinter wuchtigen Laden)
sitzen krumm, in Kitteln blau,
unsre Kameraden.
Staatsanwalt, der schikaniert,
Wärter, der sie malträtiert.
Ihre Stimmen leiern
in Preußen und in Bayern:
„Kaserne! Kaserne!
Sonne, Mond und Sterne!
Achtung! Richtung! Vordermann!
Du – bist – dran – !“

Deutscher Gram und deutsches Leid,
Ämter ohne Ende.
Wucherer, vom Staat gefeit,  (Original: Wucher, den ein Staat gefeit,)
reiben sich die Hände.  (Original: und immer graue Wände.)
Wir sind schuld. Ein Schrei, der gellt.
Aber draußen liegt die Welt.
Wir sind ganz alleine.
Und hören nur dies eine.
„Kaserne! Kaserne!
Sonne, Mond und Sterne!
Achtung! Richtung! Vordermann!
Du – bist – dran – !“

 

Text: Kurt Tucholsky (1923)
Musik: Hanns Eisler

Zitiert nach Ernst Busch: Hanns Eisler – Kurt Tucholsky. An preußischen Kaminen. Aurora 5 80 012/013. Erstmals erschienen 1964.